Werkstätten

SchreibWerkstatt:

Leitung: Peter Blaikner

Vor mehr als zwei Jahren, als die Schülerinnen und Schüler in der zweiten Klasse waren, habe ich mit ihnen begonnen, eine Geschichte zu erfinden, aus der ein Theaterstück und später ein Film werden sollen. Nun sind sie in der vierten Klasse, es gibt die Geschichte, es gibt das Theaterstück und es gibt den Film.

Die Geschichte hat sich in diesen zwei Jahren verändert, sie ist gewachsen, wie die Schülerinnen und Schüler. Sie erinnern sich noch an ihre ersten Ideen und daran, wie ich diesen Ideen Wege gezeigt habe, um eine runde Geschichte zu werden. Wir wollten etwas machen, das mit Fantasy zu tun hat, ein Berggeist sollte vorkommen, eine Weiße Frau und einige Figuren aus dem täglichen Leben. Lustig sollte es sein und geheimnisvoll, über allem sollte das Motiv einer seltsamen Rache stehen. Das waren unsere Elemente, die wir in wundersamer Weise zusammengefügt haben, um sie schließlich zur Grundlage eines Films werden zu lassen.

Wie das genau vor sich ging? Daran erinnern wir uns nicht mehr so genau, das ist uns so entschwunden, wie die Kindheit den Schülerinnen und Schülern in den letzten Jahren. Alles scheint heute so weit entfernt und ist doch noch so nah wie der Film, der nun aus der Geschichte von damals entstand.

Geschichten werden von Menschen gemacht, Menschen werden zu Geschichten, aus den Geschichten werden neue Menschen, ewig und manchmal sogar unsterblich.

(Peter Blaikner)

TAG DER RACHE

1. SZENE

(In einem Stollen des Bergwerks Leogang. Schülerinnen und Schüler der Hauptschule Leogang, unter ihnen Mathias, Fritz, Manuela und Lisa, besuchen mit ihrem Lehrer das Bergwerk. Der Leiter des Bergwerks führt sie durch das Museum.)

LEITER: Hier sind wir uns am Anfang des tiefsten Stollens unseres Bergwerks. Und hier ist auch unsere Führung zu Ende.

MATHIAS: Kann man da noch weiter hinein gehen?

LEITER: Leider nicht. Das wäre zu gefährlich. Und außerdem wohnt hier drin ein Geist, den wir lieber in Ruhe lassen wollen.

FRITZ: Ein Geist? Ba geil!

LEHRER: Jetzt ist sogar der Fritz aufgewacht.

MANUELA: Was ist das für ein Geist?

LISA: Wie schaut er aus?

MATHIAS: So wie du.

LEITER: So wie du könnte am ehesten die sagenhafte Weiße Frau aussehen, die auch in diesem Berg wohnt. Aber keiner hat sie noch gesehen.

MANUELA: Ganz schön gruselig. Da kriegt man ja richtig Angst.

LEITER: Vor der Weißen Frau muss man keine Angst haben, sie ist die Beschützerin der Bergleute.

MATHIAS: Voll der Wahnsinn! A richtige Wohnsiedlung in dem Berg.

LEITER: Eine alte Sage erzählt, dass vor ungefähr zweihundert Jahren zwei Bergmänner in diesem Berg viel Gold gefunden haben. Sie haben beschlossen, sich das Gold zu teilen. Beim Hinausgehen hat einer der beiden Bergmänner seinen Kameraden in einen tiefen Schacht gestoßen, das Gold genommen und ist damit hinaus gelaufen. Der Bergmann aber soll bei seinem Sturz in den Schacht seinen gemeinen Kameraden verwünscht haben und hat bittere Rache an dessen Nachkommen geschworen.

FRITZ: Solln wir uns jetzt fürchten, oder was?

LEITER: So, jetzt aber schauen wir, dass wir schleunigst wieder raus kommen, bevor uns der Geist erwischt. Weil mit Geistern ist nicht zu spaßen.

2. SZENE

(In einem Wald. Die Schüler wandern vom Bergwerk durch den Wald zur Schule zurück.)

LEHRER: Was hat euch denn am besten gefallen im Bergwerk?

MANUELA: Die Sage von den zwei Bergmännern.

LISA: Die Weiße Frau.

MANUELA: Weil sie so ausschaut wie du.

LISA: Nein, weil sie die Bergleute beschützt.

LEHRER: Bei dieser Sage hat sogar der Fritz aufgepasst. Gell Fritz? Fritz! Wo ist er denn schon wieder? Immer dasselbe mit dem Lauser! (Fritz kommt aus der entgegen gesetzten Richtung daher.)

FRITZ: Ich bin total fertig, ich packs überhaupt nicht mehr.

LEHRER: Fritz, was glaubst du eigentlich! Abstürzen hättest du können!

CHRISTIN: Bitte nicht böse sein, Herr Lehrer, aber was mir passiert ist.

LEHRER: In den Bach hättst fallen können! Ich darf gar nicht dran denken!

FRITZ: Was mir passiert ist! Es ist furchtbar! Als wir aus dem Museum hinaus gegangen sind, hab ich noch in einen anderen Stollen kurz hineingeschaut.

LEHRER: Bist uns schon wieder davon!

FRITZ: Bitte nicht bös sein, Herr Lehrer. Ich war ja so in Gedanken an den Geist.

LEHRER: Jetzt ist der Geist an allem Schuld, ja, ja.

FRITZ: Und da hab ich ihn gehört.

MANUELA: Wen?

FRITZ: Den Geist! Er hat mit der Weißen Frau geredet.

MATHIAS: Geh, du spinnst ja.

(Die Weiße Frau erscheint und redet mit dem Berggeist.)

WEISSE FRAU: Mein lieber Ignaz Brumminger! Als dich damals dein Kamerad im Stich gelassen hat, habe ich dich gerettet, dir Unsterblichkeit verliehen und dich als Geist bei mir aufgenommen. Als Dank hast du mir immer treu gedient, den Stollen geputzt, den Müll raus getragen und mit mir Karten gespielt. Nun aber habe ich kein längeres Recht, dich hier zu behalten. Du sollst erlöst werden.

BRUMMINGER: Heißt das, ich darf endlich aus dem Berg wieder hinaus?

WEISSE FRAU: Ja.

BRUMMINGER: Als Geist?

WEISSE FRAU: Draußen kannst du deine menschliche Gestalt als Ignaz Brumminger wieder annehmen.

BRUMMINGER: Das freut mich aber narrisch! Dann kann ich endlich Rache nehmen.

WEISSE FRAU: Tu das nicht!

BRUMMINGER: Ich will mich aber rächen am Nachkommen dieses Sauhunds, der mich damals ins Unglück gestoßen hat.

WEISSE FRAU: Ich kann dir das nicht verwehren, bedenke aber, dass dieser Nachkomme gar nichts dafür kann.

BRUMMINGER: Mir wurscht. Ich will Gerechtigkeit!

WEISSE FRAU: Aber Rache ist etwas ganz anderes als Gerechtigkeit.

BRUMMINGER: Mir wurscht!

(Die Weiße Frau und der Berggeist Ignaz Brumminger verschwinden.)

LISA: Ba, ist das gruselig. Und das hast du wirklich gehört?

LEHRER: Ja, ja, in der Einbildung war unser Fritz schon immer gut.

MATHIAS: Der arme unschuldige Nachkomme.

MANUELA: Diesen Nachkommen gibt es wahrscheinlich gar nicht.

FRITZ: Doch! Und der Geist weiß auch ganz genau wie er ausschaut. Zwölf Jahre alt, rundes Gesicht und braune Haare. Fritz Mayerhofer heißt er.

MATHIAS (zu Fritz): Mayerhofer Fritz? Das bist ja du!

FRITZ: Das ist ja das Furchtbare!

LEHRER: Keine Angst, das ist ja alles nur eine Sage und überhaupt nicht wahr.

FRITZ: Wenn ich es aber so gehört habe. Das stimmt alles hunderttausendprozentig!

MATHIAS: So ein Blödsinn!

LEHRER: Ich sag es ja, alles nur Sagen und keine Spur von irgendeiner Wahrheit. So, jetzt gehen wir aber endlich zurück. Fritz! Du bleibst ganz nah bei mir.

MATHIAS: Alles nur Blödsinn!

FRITZ: Und wenn’s doch wahr ist?

LEHRER: Jetzt hör endlich auf, da sinnlos herum zu phantasieren!

FRITZ (zu Lisa): Ich fürcht mich aber so. Kann mir denn niemand helfen?

LISA (zu Fritz): Ich glaub, ich kenn wen.

3. SZENE

(Bei der Wahrsagerin Amanda Kravogl. Lisa, Fritz.)

KRAVOGL: Die große Wahrsagerin Amanda Kravogl sieht alles. Aber vor allem sieht sie die Zukunft. Und sie sieht schon heute, dass in der Zukunft alles anders sein wird als heute, weil sich vieles ändern wird. Ändert sich aber nichts, dann bleibt alles so wie jetzt. Das sieht Amanda Kravogl genau. (Lisa und Fritz treten auf.) Was sehe ich denn da?

LISA: Grüß Gott, Frau Kravogl.

KRAVOGL: Die Lisa, schön, dass du mich einmal besuchst. Aber ich sehe, du bist nicht allein. Und ich sehe, ihr braucht meinen Rat.

LISA: Da siehst du richtig.

KRAVOGL: Da seid ihr bei Amanda Kravogl an der richtigen Adresse.

LISA: Du hast doch dieses alte Buch, in dem alle Leoganger Familien von Anfang an vermerkt sind.

KRAVOGL: Nicht nur die Leoganger, sondern auch die Lenzinger, die Euringer und sogar die Hochfilzener.

FRITZ: Frau Kravogl, könnten Sie bitte nachschauen wegen der Familie Mayerhofer?

KRAVOGL: Da brauch ich nicht nachschauen, ich weiß auch so, dass die Familie Mayerhofer von einem alten Bergknappengeschlecht abstammt. Aber das weiß doch jeder.

FRITZ: Ich nicht.

KRAVOGL: Und wegen solcher Kleinigkeiten seid ihr gekommen?

FRITZ: Das ist keine Kleinigkeit. Ein alter Berggeist hat geschworen, dass er sich rächen will.

LISA: Am letzten Nachkommen der Familie Mayerhofer.

FRITZ: Und der bin ich!

KRAVOGL: Da handelt es sich wahrscheinlich um diesen Brambichler, Brumberger...

LISA: Brumminger Ignaz!

KRAVOGL: Ja, genau! Dann bewahrheitet sich die alte Sage also doch. Woher wisst ihr das?

FRITZ: Von der Weißen Frau im Berg.

KRAVOGL: Geh, die alte Schachtel hat sicher wieder einmal herum spintisiert. Das haben wir gleich.
Weiße Frau aus dem Berg,
du bist groß, ich ein Zwerg,
du Große, erscheine
für Amanda, die kleine!

(Die Weiße Frau erscheint.)

WEISSE FRAU: Amanda Kravogl, alte Hexe, was willst?

KRAVOGL: Weise Weiße Frau, entschuldige die Störung, aber es geht hier um das Wohl eines jungen Mannes.

WEISSE FRAU: Das Wohl von jungen Männern liegt mir immer am Herzen. Was kann ich tun?

KRAVOGL: Es geht um den Brumminger.

WEISSE FRAU: Der ist alles, aber sicher nicht jung.

KRAVOGL: Nein, der will sich rächen an einem unschuldigen, jungen Mann.

WEISSE FRAU: Der Schwachkopf mit seiner blöden Rache. Ich hatte keine Möglichkeit, ihn länger bei mir zu behalten.

KRAVOGL: Wie kommt man gegen ihn an?

WEISSE FRAU: Gar nicht. Aber Moment, da fällt mir ein, er hat eine kleine Schwachstelle. Er wird sich nämlich auflösen, wenn ihm unendlich schlecht wird.

KRAVOGL: Wie schlecht?

WEISSE FRAU: So schlecht, dass er sich von oben bis unten anspeibt.

KRAVOGL: Und wann wird er bei uns auftauchen?

WEISSE FRAU: Mir der Zeit hab ich es nicht so genau, ein Tag, ein Jahr, mir fehlt da der menschliche Überblick. Ich weiß nur, er wird an dem Tag zu euch kommen, wenn der Leoganger Langfinger kurz wird. Diesen Tag muss der Nachkomme des Bergknappen fürchten. (Die Weiße Frau verschwindet.)

KRAVOGL: Bleib noch da! Weg ist sie!

LISA: An dem Tag, wo der Leoganger Langfinger kurz wird. Was mag das wohl bedeuten?

KRAVOGL: Da muss ich nachschauen. (Sie schaut in ihrem Buch nach.) Lang, Lang, Lang, Josef Lang! Hier steht’s! Der Leoganger Bauer Josef Lang wird eines Tages einen verkürzten Finger haben. Geht zum Bauern Josef Lang, dann werdet ihr alles sehen. Mehr sehe ich auch nicht.

4. SZENE

(In der Schule, am Gang. Pause. Lisa, Manuela, Mathias, Fritz.)

LISA: Genau so hat es uns die Wahrsagerin gesagt. Dann hat sie noch gesagt, dass wir schauen müssen, dass dem Brumminger schlecht wird.

FRITZ: Und dass wir sofort zum Josef Lang schauen sollen.

MANUELA: Der Josef Lang ist unser Nachbar. Den hat heute in der Früh seine Frau zum Doktor gefahren. Er hat was mit der Nase, hat sie gesagt. Irgendwer muss zum Doktor, schaun, was da los ist.

LISA: Wie soll des gehen, jetzt mitten in der Unterrichtszeit. Und die Pause ist auch schon aus.

MATHIAS: Ich mach das schon.

(Der Lehrer kommt vorbei.)

LEHRER: Was ist denn da los? Warum seid ihr noch nicht in der Klasse?

MATHIAS: Herr Lehrer, ich hab auf einmal solche Schmerzen, des zieht von den Zehen bis hinauf ins Hirn. Ich müsste dringend zum Arzt. Wahrscheinlich ist es eine Ganzkörpergrippe.

LEHRER: Das ist sicher wieder eine von deinen Ausreden, aber bitte, vielleicht ist es was Ernstes. Also geh, und die Manuela soll dich begleiten, damit du auch sicher wieder her findest. (für sich im Abgehen) Ganzkörpergrippe, was es alles gibt.

5. SZENE

(Beim Arzt, Wartesaal. Die Pensionistin Frau Hilde und der Bauer Josef Lang sitzen da und warten. Lang hat seinen Finger in der Nase.)

HILDE: Und jetzt bringst dein Finger nicht mehr aus der Nase?

LANG: Ich kann auch nichts dafür, ich hab geglaubt, dass der Finger noch weiter hinein geht.

HILDE: Das kommt von dem dauernden Nasenbohren.

LANG: Ja, seit bei uns der Fernseher kaputt ist, weiß ich nicht mehr, was ich tun soll. Da ist Nasenbohren der ideale Zeitvertreib, besser als jeder Musikantenstadl.

(Manuela und Mathias schauen herein.)

MANUELA: Ein verkürzter Finger. Das ist das Zeichen.

MATHIAS: Der Tag der Rache!

HILDE: Was schreckt’s euch denn so? Es habt’s wohl noch nie an Nasenbohrer gsegn?

(Manuela und Mathias verschwinden wieder.)

LANG: Die heutige Jugend wird auch immer seltsamer.

HILDE: Das kommt alles von dem ganzen Internetz und von dem Fetzenbock.

(Der Arzt kommt ins Wartezimmer.)

ARZT: Der Nächste bitte!

6. SZENE

(In der Schule.)

LEHRER: Ja, Fritz, ich weiß ja, dass du eine rege Phantasie hast, aber das geht jetzt zu weit. So einen Blödsinn kann man doch nicht ernst nehmen. Berggeist, Weiße Frau, Rache, Langfinger in der Nase. Schreib drüber einen Phantasieaufsatz, ein bisserl Übung im Aufsatzschreiben hat noch keinem geschadet, und dir sowieso nicht.

(Beim Postenkommandanten.)

POSTENKOMMANDANT: Was? Wegen einem Nasenbohrer soll ein Berggeist kommen. Morddrohung? Geh, hört’s auf mit dem Unsinn! Glaubt’s ihr, ich hab sonst nichts zu tun? Warum gibt’s denn bei uns keine Verbrechen, ha? Weil das wachsame und nimmermüde Auge des Gesetzes drauf schaut! Und so eine blödsinnige Nasenbohrerei hat mit einem Auge des Gesetzes nichts zu tun.

(Bei der Frau Bürgermeisterin.)

FRAU BÜRGERMEISTERIN: Natürlich ist mir als Bürgermeisterin das Wohl aller Mitbürgerinnen und Mitbürger ein großes Anliegen, aber Berggeister und Weiße Frauen sind halt einmal Sagenfiguren und gehören gewiss nicht zu unserer Bevölkerung. Die haben bei uns keinen ordentlichen Wohnsitz, höchstens einen unordentlichen. Und so was fällt nicht in meinen Zuständigkeitsbereich.

7. SZENE

(Im Wald. Lisa, Manuela, Mathias, Fritz.)

MANUELA: Ich finde das eine blöde Idee.

LISA: Aber wir müssen was tun.

MANUELA: Wo uns doch keiner glaubt.

MATHIAS: Sonst tut der Geist was.

FRITZ: Ja, mit mir.

LISA: Wir müssen schauen, dass ihm schlecht wird, hat die Kravogl gesagt.

MANUELA: Aber zuerst muss er einmal kommen. So eine blöde Idee. Und dass der Geist grad da raus kommen soll. Eine saublöde Idee.

MATHIAS: Ja, wo denn sonst. Da bin ja auch ich raus gekommen.

MANUELA: Geh, du! Und ausgerechnet heute.

LISA: Ja, wann denn sonst. Wir müssen nur warten.

MANUELA: Mir ist jetzt schon fad.

FRITZ: Da rührt sich was.

MANUELA: Ich hau ab.

LISA: Du bleibst da.

MANUELA: Aber weg schauen darf ich wenigstens. (Sie hält sich die Augen zu.)

MATHIAS: Manuela, schau, so was hast du noch nie gesehen.

(Manuela reißt die Augen weit auf. Man sieht, wie der Berggeist Ignaz Brumminger aus der Erde kommt. Erst ist er noch Geist, dann nimmt er nach und nach menschliche Gestalt an. Er schüttelt sich, streckt sich, gähnt usw.)

BRUMMINGER: Na endlich, ist aber auch Zeit geworden. Da schaut’s ja immer noch so aus wie früher. A bisserl weniger Bam sand. Mayerhofer Fritz, jetzt bist dran! Aber zuerst brauch ich was zu essen. Hab ich einen Hunger!

FRITZ: Einen Hunger hat er.

MATHIAS: Ich hab’s gehört.

LISA: Super! Mathias, du hast doch immer so uralte Käsebrote in deiner Schultasche.

MANUELA: Ba, sand die grausig.

LISA: Wenn wir das dem Geist geben, dann wird ihm vielleicht schlecht.

MANUELA: Ganz sicher.

FRITZ: Wenn ich nur dran denke, speib ich mich an.

MATHIAS: Ich find die super gut!

MANUELA: Du hast ja auch einen Saumagen.

(Mathias holt das Käsebrot aus der Schultasche. Alle sind angewidert.)

LISA: Passt auf, er geht dort rüber zur Steinbergrunde, zu diesen Steinmandeln.

MANUELA: Zu den wilden Tschaggalaggas.

8. SZENE

(Bei den wilden Tschaggalaggas. Einer von ihnen hat das Käsebrot in der Hand. Der Geist kommt vorbei.)

BRUMMINGER: Griaß euch, Mander! Was ist los? Griaß euch! So was von unhöflich! Das hätt es früher nicht gegeben. Hat einer von euch zufällig was zum essen für mich? Nix? Und was ist das? Ha? Die reden nix mit mir! (Er nimmt das Käsebrot.) Ghört schon mir. (Er isst es auf.) Mmmh, ist das gut. Ein bisserl schwer, aber für den ersten Hunger ideal. Danke, Mander. Pfiat euch!

9. SZENE

(Auf einem Weg.)

LISA: Vom dem Käsebrot ist ihm nicht schlecht geworden.

FRITZ: Richtig geschmeckt hat es ihm.

MATHIAS: Mir schmeckt’s ja auch.

MANUELA: Ja du, du siehst ja auch Geister und Weiße Frauen.

LISA: Aber von irgendwas muss ihm doch schlecht werden.

MANUELA: Der Herr Lehrer sagt immer: Wenn man sich deine Mathematik Schularbeit anschaut, dann könnte einem richtig schlecht werden.

LISA: Super! Her damit! Da kommt der Geist. Fritz, versteck dich!

(Fritz versteckt sich.)

LISA, MANUELA, MATHIAS: Grüß Gott!

BRUMMINGER: Es gibt ja doch noch freundliche Menschen. Äh, ihr da, horcht’s einmal her! Ich bin fremd hier und suche einen gewissen Mayerhofer Fritz. Zwölf Jahre alt, rundes Gesicht und braune Haare.

MANUELA: So einen kennen wir nicht.

MATHIAS: Moment, ich glaub, ich kenn den. Der ist aber schwer zu finden.

LISA: Hier ist ein Plan, schaun’s einmal genau...

(Sie zeigt ihm die Mathematik-Schularbeit vom Mathias.)

BRUMMINGER: Was ist denn das? Das sind ja Rechenaufgaben! Mit genialen Lösungen! Nur ein Genie kann so was so gut rechnen! Wo habt’s denn das her?

MATHIAS: I hab das gerechnet.

BRUMMINGER: Aus dir wird einmal ein Professor, mindestens! So, und wo wohnt jetzt der Mayerhofer Fritz?

MATHIAS: Steht das nicht da drauf?

BRUMMINGER: Ich seh nichts!

(Lisa sie sieht ein Plakat von einem Heimatabend mit dem volkstümlichen Schlagerstar Grantscherm-Toni, der heute Abend in der Mehrzweckhalle einen Auftritt hat. Sie deutet auf das Plakat.)

LISA: Der da weiß sicher, wo der Fritz wohnt.

BRUMMINGER: Dann gehen wir zu dem. Aber ein bisserl flott! Ich hab ja nicht eine Ewigkeit lang Zeit.

LISA: Der ist aber erst am Abend zu Hause. Ich würde sagen, wir treffen uns am Abend bei der Mehrzweckhalle. Die ist da drüben.

BRUMMINGER: Abgemacht! Aber wehe, wenn das nichts wird!

(Brumminger geht ab.)

MATHIAS: Lisa, was soll denn jetzt das?

LISA: Wir gehen mit dem Brumminger zu dem Heimatabend. Da tritt der Grantscherm-Toni auf. Bei den Liedern, die der singt, ist noch jedem schlecht geworden.

(Fritz kommt aus seinem Versteck hervor.)

FRITZ: Ich fürcht mich so! Mir ist heiß und kalt. Ich glaub, ich hab Fieber.

MANUELA: Dann geh heim und leg dich ins Bett. Wir machen das schon.

10. SZENE

(In der Mehrzweckhalle beim Konzert des Grantscherm-Toni. Brumminger mit Lisa, Manuela und Mathias.)

ANSAGER: Und nun, verehrte Gäste, kommen wir zum Höhepunkt unseres heutigen Heimatabends. Unser bei Jung und Alt beliebter Grantscherm-Toni singt seinen größten und einzigen Hit mit dem wunderbaren Titel: „Mein Herzblatt“. Bühne frei, verehrte Gäste, für unseren Grantscherm-Toni!

(Der Grantscherm-Toni tritt auf und singt sein Lied.)

SONG MEIN HERZBLATT

TONI:

Ich traf sie per Zufall am Dorfplatz,
vom Einkauf mit Körben bepackt,
sie war süßer noch als ein Rohrspatz,
da hab ich ihr einfach gesagt:
Du sollst mein Herzblatt sein, komm, sag nicht nein!

CHOR:

Sag nicht nein, ja!

TONI:

Fahr nur mit mir allein in das Glück hinein!

Die Antwort kam keck ohne Pause:
„Das trifft sich ja ganz ideal.
Trag mir meine Körbe nach Hause,
und dann sage mir noch einmal:
Du sollst mein Herzblatt sein, komm, sag nicht nein!

CHOR:

Sag nicht nein, ja!

TONI:

Fahr nur mit mir allein in das Glück hinein!

Zu Hause verschwitzt angekommen
servierte sie eiskaltes Bier,
nachdem ich ein Herz mir genommen,
sagte ich nochmals zu ihr:
Du sollst mein Herzblatt sein, komm, sag nicht nein!

CHOR:

Sag nicht nein, ja!

TONI:

Fahr nur mit mir allein in das Glück hinein!

Nun sind wir schon lange ein Pärchen,
weil sie mich und ich sie so mag,
wir leben ein endloses Märchen,
weil ich jeden Tag zu ihr sag:
Du sollst mein Herzblatt sein, komm, sag nicht nein!

CHOR:

Sag nicht nein, ja!

TONI:

Fahr nur mit mir allein in das Glück hinein!
Fahr nur mit mir allein in der Liebe ein!

(Brumminger ist begeistert, singt und tanzt voll Freude mit.)

MATHIAS: I glaub i spinn, dem Brumminger taugt des!

MANUELA: Wenn nicht einmal das was nützt, dann weiß ich auch nicht mehr weiter.

LISA: Uns wird schon noch was einfallen.

(Mathias, Lisa und Manuela gehen ab. Brumminger geht zum Grantscherm-Toni.)

BRUMMINGER: He Oida, super, was du da machst!

TONI: Verzupf di, sonst passiert was!

BRUMMINGER: Du sollst mir sagen, wo der Mayerhofer Fritz wohnt.

TONI: Schleich di, hab i gsagt!

ANSAGER: Wenn Sie bitte mit mir kommen wollen.

BRUMMINGER: Der soll mir sagen, wo der Mayerhofer Fritz wohnt.

ANSAGER: Woher soll denn der Toni des wissen? Da hast a Telefonbuch, schau nach!

BRUMMINGER: Schau du nach!

ANSAGER: Was tut man nicht alles für die Fans. (Er schaut nach.) Mayerhofer, Mayerhofer, also! Da! Rosental 41. Das ist da drüben! Das dritte Haus nach dem ...

11. SZENE

(Zu Hause bei Fritz Mayerhofer. Fritz liegt im Bett. Brumminger kommt herein.)

BRUMMINGER: Hab ich dich, du Verräter! Jetzt musst du dran glauben!

FRITZ: Hilfe, tun Sie mir nichts! Ich kann nichts dafür!

BRUMMINGER: Mir wurscht! Jahrhunderte lang hab ich auf diesen Tag gewartet!

(Die Weiße Frau erscheint.)

WEISSE FRAU: Ignaz Brumminger, lass diesen jungen Mann in Frieden!

BRUMMINGER: Das geht dich überhaupt nichts an! Ich bin nicht mehr dein Hilfsgeist!

WEISSE FRAU: Aber ich bin die Beschützerin der Unschuldigen.

BRUMMINGER: Der ist nicht unschuldig. Der muss grade stehen für das alte Unrecht. Reich hätte ich werden können, ein Super-Leben hätte ich gehabt. Aber nein! Betrogen bin ich worden, von meinem besten Freund betrogen! Nun will ich endlich Rache! Wenn ich mir vorstelle, was mir der angetan hat, richtig schlecht könnte mir werden. Ich darf gar nicht dran denken, wäh, ist mir schlecht.

WEISSE FRAU: Red nur weiter!

BRUMMINGER: In den Stollen hat er mich geworfen, der miese Kerl. Und so einer war mein Freund. Pfui Teufel! So schlecht war mir noch nie! Ich hab ihm vertraut! Da dreht’s mir jetzt noch den Magen um, ich glaub, wäh ...

(Brumminger speibt sich an und löst sich auf.)

WEISSE FRAU: So, das hätten wir überstanden.

(Die Weiße Frau verschwindet. Mathias, Lisa und Fritz kommen herein. Man befindet sich in einem Krankenzimmer.)

LISA: Fritz, Fritz!

MATHIAS: Wir sind’s!

MANUELA: Er ist aufgewacht. Endlich!

FRITZ: Was ist los? Wo bin ich?

ARZT: Ich Sicherheit. Alles wird gut. Ein Sturz in den Bach aus so einer Höhe ist keine Kleinigkeit. Aber nun geht es aufwärts mit dir.

MANUELA: Wir haben uns solche Sorgen gemacht.

LISA: Weil du aber auch immer von der Gruppe davon laufen musst.

FRITZ: Und der Brumminger? Der Berggeist?

MATHIAS: Jetzt hör auf zu phantasieren.

LISA: Dann bist du bald wieder gesund.

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